Cyberversicherung: Warum sich Unternehmen und Kunden (noch) nicht absichern

Experten parieren die Einwände, die Kunden bei einer Absicherung gegen Cyberrisiken noch haben. Auch Makler gehen das Thema nur schleppend an und vertun eine riesige Vertriebschance. 

Einwand 1: Ich bin für Hacker nicht relevant

Peter Graß (Projektleiter Cyber beim Gesamtverband der Versicherer, GDV): Die Relevanz spielt nur eine untergeordnete Rolle. Der Mehrwert einer Cyberversicherung liegt darin, dass eine Schadenregulierung nicht nur bei direkten Angriffen erfolgt. Der Schutz greift auch bei nichtgezielten Massenangriffen, die deutlich in der Mehrzahl vorkommen. Da spielt die Relevanz als Unternehmen oder Privatperson keine Rolle.

Foto: Christian Augustin

Einwand 2: Mein Anti-Virenprogramm schützt mich bereits ausreichend

Hanno Pingsmann (Geschäftsführer von CyberDirekt): Trotz Sicherheitsgurt, ABS-System und weiteren präventiven Sicherheitseinrichtungen im Auto, schließen viele Autofahrer dennoch eine Vollkaskoversicherung ab. Dieses Bild kann man auch auf diesen Cyber-Einwand übertragen. Die Cyberpolice komplettiert demnach ein bestehendes Sicherheitskonzept. Eine Einzelmaßnahme, wie ein Anti-Virenprogramm, bietet alleine keinen ausreichenden Schutz.

Foto: Christian Augustin 

Einwand 3: Mein Unternehmen ist nicht von der IT abhängig

Johannes Beckers (Underwriter Cyber, AXA): Das ist eine Frage der Definition. Unternehmen, die digital produzieren oder einen Onlineshop betreiben sind natürlich abhängiger als beispielsweise ein Handwerksbetrieb. Aber auch diese erhalten ihre Aufträge mitunter per Email, haben eine Unternehmensseite oder schicken Angebote über das Smartphone oder Tablet raus. Es ist also keine Frage, ob man IT-abhängig ist, sondern wie sehr die Nutzung der IT und des Internets die Unternehmenstätigkeit intern und extern beeinflusst. Entsprechend sollte die Bewertung des notwendigen Schutzes erfolgen.

Foto: Christian Augustin 

Einwand 4: Ich habe kein Geld für noch eine Versicherung

Hanno Pingsmann (CyberDirekt): Unter betriebswirtschaftlichen Aspekten und einer vernünftigen Risikoabwägung kann dieses Argument für verantwortungsvolle Unternehmer nicht gelten. Für kleinere Unternehmen ist die Abdeckung schwerwiegender Schäden mit Versicherungssummen in fünf- oder sechsstelligem Bereich für rund 400 Euro Jahresprämie bereits versicherbar. Hier sollte der finanzielle Aufwand für eine Prämie ins Verhältnis zu einem möglichen Schaden gestellt werden, der die Existenz gefährden kann.

Foto: Christian Augustin

Einwand 5: Mir/meinem Unternehmen passiert schon nichts, das hat die Vergangenheit bewiesen

Peter Graß (GDV): Mal davon abgesehen, dass die Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft ist, wissen viele gar nicht, dass sie Opfer einer Cyberattacke geworden sind. Wenn das eigene System gehackt und als Teil eines Bot-Netzes missbraucht wird, läuft das im Hintergrund und wird vom Opfer in den meisten Fällen gar nicht bemerkt. Wegen fehlender Sicherungsmaßnahmen können dennoch Ansprüche von Geschädigten geltend gemacht werden.

Foto: Christian August

Einwand 6: Die Gefahrenquellen sind zu vielseitig. Es ist daher unwahrscheinlich, dass eine Police alles abdeckt

Johannes Beckers (AXA): Die Cyberversicherung ist keine All-Risk-Versicherung. Die Bedingungen sind aber sehr weitgehend. Makler und Kunden sollten bei der Produktauswahl die Bedingungswerke dahingehend prüfen, dass möglichst allgemeine Formulierungen verwendet werden und damit eine Vielzahl von Versicherungsfällen abgedeckt werden. Generell zählt es zu den großen Herausforderungen für die Versicherungswirtschaft, Bedingungen so zu schreiben, dass auch eine sich verändernde Risikolandschaft möglichst automatisch davon umfasst werden.

Foto: Christian Augustin

Auch Makler haben Einwände: Der Versicherungsmarkt für Cyberprodukte ist noch nicht entwickelt, ich warte noch ab

Hanno Pingsmann (CyberDirekt): Die Vertriebskanäle für Cyberschutz entwickeln sich sehr dynamisch. Vermittler, die das Thema jetzt aktiv angehen, haben die große Chance sich von Beginn an als Experte zu positionieren. Das gilt für die Bestandsaktivierung und auch Neukundenakquise. Cyberschutz eignet sich momentan ideal für den Einstieg in neues Geschäft mit Gewerbekunden.
Foto: Christian Augustin

Extra-Beilage in der kommenden procontra-Ausgabe

Cyberkriminalität und deren Präventions- und Absicherungsmöglichkeiten wurden intensiv mit den Experten besprochen. Das gesamte Gespräch und weitere Aspekte rund ums Thema Cyber, erhalten Sie auf 20 Sonderseiten in der nächsten procontra-Ausgabe (ab 17.08.2018)
Foto: Christian Augustin